Ein kurzes Interview mit Martina Hefter zu ihrem Roman HEY GUTEN MORGEN, WIE GEHT ES DIR
Was genau macht für euch Literatur aus? Eine Definition, die mir gefällt, besagt, dass ein literarischer Text mehr Fragen stellt, als er Antworten vorgibt. Und das passt hervorragend zu meinem Patenbuch, das ich im Rahmen des #buchpreisbloggen beim Deutschen Buchpreis 2024 lesen durfte: HEY GUTEN MORGEN, WIE GEHT ES DIR von Martina Hefter.
Ich freue mich sehr, dass die Autorin sich die Zeit genommen hat, mir drei neugierige Fragen zu beantworten. Und keine Sorge: Der Roman wird euch noch viele (und ganz andere) Fragen stellen, vielleicht auch provozieren – und vor allem sehr gut unterhalten.
Liebe Martina, alle Figuren in HEY GUTEN MORGEN, WIE GEHT ES DIR tragen die Namen von Gottheiten. Was war Dir wichtig an dieser Idee?
Martina Hefter: „Normale Allerweltsnamen zu verwenden, das fiel mir beim Schreiben schon immer ein bisschen schwer. Als Lyrikerin achte ich auch auf den Klang und die ‚Schönheit‘ der Wörter. Ich fand zuerst den Namen Juno einfach schön. Dann war’s natürlich nicht weit zu Jupiter. Dass schließlich alle Figuren Namen aus allerlei Mythologien bekamen, war nur konsequent.
Es ist auch so, dass Junos Alltag durchaus die Wucht einer Tragödie aus der Mythologie hat. Ich als Autorin dachte aber trotzdem oft: Sind solche auf den ersten Blick profanen Szenen eigentlich tauglich für einen Roman? Da waren diese Namen sowas wie ein Self-Empowerment. Außerdem mochte ich diese leichte Verschiebung weg von einer komplett realistischen Erzählweise, die sich durch die Namen ergab. Ich bin eigentlich ein Fan von nicht ganz realistischem Erzählen.“
HEY GUTEN MORGEN, WIE GEHT ES DIR erzählt von einer Innigkeit, die offen lässt, ob zwischen den beiden Menschen wirklich echte Nähe besteht – denn das, was sich da nicht ganz greifbar entwickelt zwischen Juno und Benu, wird auch getrieben von Junos Selbstinszenierung. Haben uns Social Media und Co. längst eine neue Art von Intimität beschert?
Martina Hefter: „Ich finde schon, dass sich durch Social Media eine neue Form von Intimität entwickelt hat, bei der man sich nicht physisch oder emotional nah sein muss. Das gab’s auch früher schon in Form von Briefen. Die Chats sind aber schneller als Briefe. Man kann viel mehr am Leben des*der Chatpartner*in teilhaben. Allerdings würde für mich persönlich das Chatten allein niemals den echten, persönlichen Umgang auf Dauer ersetzen können. Privat mache ich das auch gar nicht so gern.
Mich interessiert an der Kommunikation über Social Media und Nachrichtendienste natürlich auch die Sprache – die ganzen Codes, die Kürze (meistens), ohne dass man sich flach und banal ausdrücken will. Eigentlich ist das für mich ähnlich wie die Arbeit an Gedichten.“
In der Berichterstattung über HEY GUTEN MORGEN, WIE GEHT ES DIR habe ich gelesen, dass Du den Roman eng an Deinem Leben entlang erzählst. Wie fühlt es sich an, einen Teil des Privaten so mit der Öffentlichkeit zu teilen?
Martina Hefter: „In meinem Roman sind nur die Grundkonstellationen und einige wenige Ereignisse dieselben wie in meinem echten Leben – alles andere ist erfunden, wobei erfinden nicht immer heißen muss, dass es ungeheuer weit weg von einem selbst ist. Ich gebe im Roman nichts preis, was voyeuristisch betrachtet werden könnte.
Ich weiß, dass es immer diese Tendenz gibt, die literarische Figur mit der*dem Autor*in gleichzusetzen, selbst wenn man über eine ganz andere Person geschrieben hat. Ich glaube, das ist eine Art Grundhaltung (auch von mir selbst) beim Lesen. Außerdem ist ein zentrales Thema des Romans auch genau das: Was ist eigentlich die Wahrheit? Vielleicht ist Juno ja genauso inszeniert, wie sie sich selbst in den Chats mit den Love-Scammern inszeniert.
Ob der Roman meine Realität wiedergibt oder nicht – das weiß nur ich. Ich fühle mich deswegen in keiner Weise bedrängt, wenn mein Roman autobiografisch gelesen wird.“
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Ich habe Martina Hefters Roman HEY GUTEN MORGEN, WIE GEHT ES DIR im Rahmen des #buchpreisbloggen zum Deutschen Buchpreis 2024 als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Bei diesem Interview handelt es sich trotzdem nicht um eine beauftragte oder bezahlte Werbung, sondern ist einfach meiner Neugier geschuldet.
Martina Hefter: HEY GUTEN MORGEN, WIE GEHT ES DIR? Klett-Cotta Verlag, 2024.
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