Mit vergnügtem Lächeln zieht die Bestsellerautorin Alena Schröder in ihrem neuen Buch (aus alten Kolumnen) sämtliche Register der kurzweiligen Erheiterung. Kann das ein Vergnügen werden? Wir gehen rein!
„So habe ich mir das Erwachsensein vorgestellt: Es gibt ein Problem, und weil ich erwachsen bin, kenne ich die Lösung, also löse ich das Problem. Ganz einfach. Im Grund besteht Erwachsenwerden ja vor allem darin, genau das als Illusion zu erkennen. Es gibt im Leben keine einfachen Lösungen, genauso wenig wie Spülmittel, das eingebranntes Fett mit einem Wisch entfernt. Aber je unübersichtlicher das Leben wird, desto größer wird auch mein Wunsch, zu diesem Kinderglauben zurückkehren zu können. Den ganzen Schmutz, der sich auf meinen Alltag legt, einfach sauber abkärchern zu können, das wäre schön.“
Zu den großen Fragen der Menschheit gehört sicher auch die, aus was genau Eva geformt wurde – war es Adams Rippe … oder doch sein Penisknochen, den der männliche Mensch deswegen heute oft schmerzlich vermissen muss? Und während Theologen, Philosophen oder Richard David Precht darüber vermutlich erst einmal in Ruhe nachdenken müssen, ballert Alena Schröder schon den nächsten Gedanken raus, der uns zum Schmunzeln bringt: Heissa hossa, hier kommt’s heiter!
Die in Berlin lebende Autorin hat sich mit ihren Romanen JUNGE FRAU, AM FENSTER STEHEND, ABENDLICHT, BLAUES KLEID und seinem Nachfolger BEI EUCH IST ES IMMER SO UNHEIMLICH STILL eine große Fangemeinde erobert – und damit die Wartezeit auf den nächsten Roman nicht ganz so lang wird, beglückt sie ebendiese nun mit einer Sammlung ihrer Kolumnen, die sie früher unter anderem für diverse Magazine im BRIGITTE-Universum schrieb. Als mündiger Konsument, der kritische Auseinandersetzung auch dann für sinnvoll erachtet, wenn er einer Autorin zu mindestens 92,6 Prozent fanboy-ig verfallen ist, stelle ich mir da natürlich die Frage:
Haben wir es hier mit „Alenas reizender Resterampe“ zu tun? Zumal die Autorin in ihrem Vorort einräumt, dass sie die Texte zwar in einen lockeren Sinnzusammenhang gruppiert, aber nicht weiter choreografiert hat, weswegen ihre Söhne mal größer sind und dann wieder kleiner und ihr Beziehungsstatus mal solide und manchmal wild und frei ist. Zugegeben: Als ich das las, rührte sich Unmut in mir. Kann man nicht ein bisschen mehr Enthusiasmus für eine Zweitverwertung erwarten?
Man weint ein bisschen, weil ALLES MUSS MAN SELBER FALSCH MACHEN von Alena Schröder keiner ihrer großartigen Romane ist – und hat dann doch wieder kleine rosige Herzchen im Blick (= literarisches Urteil, das!)
Aber dann begann ich zu lesen – und während ich noch vor mich hin möpperte, dass ich mir mehr versprochen hätte von DER ALENA SCHRÖDER (hier sind beim Lesen bitte drei Ausrufezeichen für mehr Emphase zu setzen), war ich auch schon mittendrin … und gegen meinen Willen sofort wieder verliebt.
Worum geht’s? Frau Schröder kocht Schmorgerichte und rudert auf einer Maschine, sie räumt ihre Kruschtschublade auf (manchmal) und bringt Balkonpflanzen den sicheren Tod (immer). Wespen sind für sie Motivationstrainerinnen und Schlangestehen ein Kult, von dem sie nicht weiß, wie lange sie sich ihm noch entziehen kann. Zwischendurch wird ein böser Igel (auf zwei Beinen) zwar nicht gezähmt, aber in seine Schranken verwiesen – und dann vermisst. Denn die Kolumnen, in denen Alena Schröder in feinstem Unterhaltungston vor sich hin plaudert, sind zwar heiter und auf die mit Lebensweisheit kokettierenden Schlusspointen hin optimiert, sie verströmen aber manchmal auch eine von leiser Nostalgie genährte Vermissung dessen, was früher bedeutend war und es inzwischen nicht mehr ist – die Erinnerungen an die Brachflächen ihrer Wahlheimt beispielsweise, die so gar nichts mit dem zu tun haben, was ihre Söhne als „typisch Berlin“ empfinden. (Nur an den „Schwefelduft der Liebe“ denkt sie vielleicht nicht ganz so versonnen zurück.)
ALLES MUSS MAN SELBER FALSCH MACHEN ist das, was man früher – möglicherweise heute immer noch? – als „Klobuch“ bezeichnet hätte … oder das perfekte Mitbringsel für jemanden, der Zeit im Krankenhaus oder in Wartezimmern verbringen muss. Wer zu einer Einladung keinen Blumenstrauß mitbringen möchte, liegt mit diesem Buch genau richtig, so wie, nebenbei bemerkt, auch mit KUMMER ALLER ART von Mariana Leky.
Mit ALLES MUSS MAN SELBER FALSCH MACHEN öffnet Alena Schröder ein kleines Schatzkästchen für uns – ohne Diamanten, aber voller glitzernder Glasperlen
Lernt man etwas aus diesem Buch, abgesehen davon, dass Alena Schröder viel Zeit in der Bahn verbringt oder doch zumindest mit dem Gedanken an die Bahn und die damit verbundenen Problematiken? Nö. Und zugegeben, am Ende sind die einzelnen Texte deutlich schneller vergessen, als Tinte auf altem Faxrollenpapier braucht, um vollständig zu verblassen.
Aber was für Liebesschwüre gilt, die man früher einmal auf diesem Digitalweg bekommen oder verschickt hat, darf man auch vollumfänglich auf ALLES MUSS MAN SELBER FALSCH MACHEN anwenden: Die Lektüre ist schön für den Moment … und später eine Erinnerung, die man in Ehren hält, ohne sich an Details zu erinnern.
Die Ausnahme ist ein Text, der mit EIN GEBÜGELTER GRUSS AUS DEM JENSEITS überschrieben ist: So wie es manchmal lohnt, ein Museum wegen eines einzelnen Bildes zu besuchen (oder erinnern wir uns an mehr Gemälde aus dem Mauritshuis als DAS MÄDCHEN MIT DEM PERLOHRRING und mit ein bisschen gutem Willen noch den DISTELFINK …?) und man einen Film auch nur deswegen noch einmal ansieht, weil Jude Law in einer Szene auf diese eine Art lächelt, empfiehlt ALLES MUSS MAN SELBER FALSCH MACHEN sich schon allein für diese drei Seiten, die lebensweise und affirmativ zugleich sind.
Kurz zusammengefasst? ALLES MUSS MAN SELBER FALSCH MACHEN ist eine Umarmung. Und darum: Applaus!
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Ich habe dieses Buch nicht gekauft, sondern das Leseexemplar von der liebreizenden Pressesprecherin des Verlags in die Hand gedrückt bekommen. Bei meiner Rezension handelt es sich nicht um eine beauftragte oder bezahlte Werbung: Sie gibt lediglich meine subjektive und unbeeinflusste Meinung wieder.
Alena Schröder: ALLES MUSS MAN SELBER FALSCH MACHEN. dtv, 2025.
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