Ein kurzes Gespräch mit Fabian Neidhardt über seinen wunderbaren Roman ENDLOSSCHLEIFENTAGE

Papa sah überrascht auf und lächelte dann, nickte, während sein Blick sich verlor. „Ja, das war Liebe. Aber eigentlich ist jede Freundschaft Liebe, wir nennen sie nur anders.“

Große Gefühle ohne Kitsch – und eine Geschichte über Verluste, die sehr berührt: Mit ENDLOSSCHLEIFENTAGE hat Fabian Neidhardt einen Roman geschrieben, der mich ein- und aufgefangen hat wie wenig andere in diesem Frühjahr. Grund genug, ihm ein paar Fragen zu stellen!

Lieber Fabian, ENDLOSSCHLEIFENTAGE ist ein Buch über Abschiede – von einem gemeinsamen Leben, von einer Frau und von einem Vater, für Deine Hauptfigur David aber auch von einer Rolle, die er zu lange als seine angesehen hat. Was hat Dich an diesem Thema gereizt?

Fabian Neidhardt: „Ich glaube, unser ganzes Leben ist geprägt von Abschieden, temporären und finalen. Aber besonders mit unserem eigenen letzten Abschied setzen wir uns viel zu wenig auseinander. Ich kann sie auch verstehen, die Angst davor. Deshalb habe ich versucht, eine Geschichte zu erzählen, die trotz all der schweren Themen mit einer gewissen Leichtigkeit an das Thema heranführt.

Aristoteles sagt, wir konsumieren Geschichten der Katharsis wegen. Im besten Fall müssen meine Figuren durch diese Abschiede, den Schmerz und all den Kummer, damit die Menschen, die meine Bücher lesen, danach ihre Mama oder besten Freund*innen oder die Lieben ihres Lebens anrufen und sagen können, dass sie diese lieb haben, bevor es zu spät ist.“

Trotz des Themas ist ENDLOSSCHLEIFENTAGE ein Roman, in den man sich wickeln kann wie in eine Decke; die Figuren sind selbst dann, wenn wir ihre Kanten und Sollbruchstellen kennenlernen, sympathisch. In der politischen Lage, in der wir gerade leben, ist das wohltuend – aber vielleicht hätte ein Darth Vader Deiner Geschichte noch ein bisschen mehr Gewicht gegeben?

Fabian Neidhardt: „Spätestens seit den Prequels wissen wir ja, dass auch Anakin nur ein verängstigter und unsicherer Junge ist, der einen Vaterkomplex hat. Und damit ist er ja wieder ganz nah an meinen Figuren …

Aber Du hast Recht, viele meiner Figuren sind utopische Versionen, Davids Chefin beispielsweise. Das mag ich am schreiben so: Dass ich meine Realität – und es ist über alle Bücher hinweg nur eine – so formen kann, wie ich unsere gerne hätte: empathischer, diverser, queerer.“

Deutschlandfunk Kultur hat über Dich gesagt, dass es derzeit keinen anderen deutschsprachigen Autor gibt, der so authentisch über Emotionen schreibt wie Du. Warum hat die Redaktion Deiner Meinung nach Recht?

Fabian Neidhardt: „Ich schätze, das war Mike Altwicker, der das gesagt hat? Seitdem ich das zum ersten Mal gehört habe, muss ich jedes Mal schmunzeln. Ich habe quasi die ganze Zeit, während ich Literarisches Schreiben in Hildesheim studiert habe, damit verbracht, herauszufinden, wie das mit den Emotionen funktioniert. Wie wir als Geschichtenerzähler*innen da rankommen. Beziehungsweise, wie mein Weg sein könnte. Offensichtlich hat dieses Studium was gebracht. Ob es niemand anderen gibt, das weiß ich nicht. Aber ich denke, ich habe einen Weg gefunden, Emotionen so zu greifen, dass es andere berührt. Dafür bin ich sehr dankbar.“

Ich habe diesen Roman als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Bei diesem Interview handelt es sich trotzdem nicht um eine beauftragte oder bezahlte Werbung; es ist einfach meiner Neugier geschuldet.

Fabian Neidhardt: ENDLOSSCHLEIFENTAGE. Haymon, 2025.