Im Mai 2026 erscheint mein erster Roman. Bis dahin erzähle ich hier jeweils am letzten Sonntag des Monats, wie er entstanden ist.

Jedes Jahr erscheinen mehr Bücher, als ein Mensch lesen kann, oder auch zwei oder drei. Warum sollte man diesem breiten Strom an möglichen Verführungen eine eigene hinzufügen?

Für Virginia Woolf, in deren Zeit der Markt möglicherweise noch nicht so gesättigt war wie heute, bedeutete Schreiben „die Wahrheit hinter den Dingen“ sichtbar zu machen. Darum wird es auch Toni Morrison gegangen sein: Sie fing an, Geschichten zu schreiben, die sie selbst lesen wollte und die es noch nicht gab. Und Alena Schröder, die zumindest für mich in diesem Dreiklang nicht fehlen darf? Ich frage sie: „Warum schreibst du?“ Und bekomme innerhalb von Sekunden eine Whatsapp-Antwort, vor der ich niederknien möchte: „Weil mich nichts besser von mir selbst ablenkt – und mit mir selbst verbindet.“

Natürlich will und kann ich mit nicht mit diesen Autorinnen vergleichen, aber die Frage ist auch für mich: Warum habe ich EINE LIEBE OHNE SOMMER geschrieben?

Auf diesem Bild steht der Text: "Es gibt jedes Jahr mehr neue Bücher, als man lesen kann." Und klein darunter: "Warum habe ich jetzt auch eins geschrieben?"

Wie alles anfing

Dazu muss ich ausholen: Ich habe über 30 Jahre in Verlagen gearbeitet, als Lektor und in anderen Positionen, und einer meiner Schwerpunkte war deutsche Unterhaltung. Eins der schönsten Komplimente, die „meine“ Autor*innen mir regelmäßig gemacht haben, war: „Warum schreibst du kein eigenes Buch?“

Ich habe die Frage immer damit beantwortet, dass mir sowohl die Zeit fehlt (ich gehöre nicht zu den Menschen, die nach 50-oder-mehr-Stunden-Wochen frohgelaunt noch mehr Zeit vor einem Rechner verbringen möchten) als auch die originäre Idee. Als Lektor war ich stolz darauf, dass ich selbst aus einem einzelnen, von meinen Autor*innen ganz nebenbei hingeworfenen Satz ein Projekt für sie entwickeln konnte; aber den entscheidenden ersten Funken für ein eigenes Projekt, den hatte ich nie. Natürlich gab’s ein paar vage Ideen, das bleibt gar nicht aus, wenn man kreativ arbeitet – aber das waren Momentaufnahmen einzelner Figuren. Vielleicht stand mir auch die Überzeugung im Weg, dass man wissen muss, auf welche Seite man gehört? Ich habe meine Rolle immer als Sicherheitsnetz für Autor*innen gesehen, als ihr Sparringspartner.

Auf dem Bild steht der Text: "Um ein Buch zu schreiben, braucht man Zeit und eine Idee." Und klein darunter: "Im Making-of erzähle ich, wie ich beides gefunden habe."

Und dann? Ende 2024 wusste ich, dass ich meinen damaligen Verlag verlassen würde. Auf einmal war sie da, die Zeit. Mit einer Idee habe ich trotzdem nicht gerechnet … bis ich, nach ein paar Wochen ohne Dauerstress, einen Artikel über alte Gutscheine las, die Menschen in ihren Schubladen finden und sich erinnern, was es mit diesen auf sich hat.

Funkenschlag, jetzt!

„Gutscheine“, dachte ich. „Interessant. Wer könnte Gutscheine finden? Eine Frau. Von wem stammen die? Vielleicht von einem Mann. Genau, das sind Gutscheine, die er im Lauf der Zeit gesammelt hat. Und was ist das für ein Mann?“ Es brauchte ein paar Sekunden, aber dann war klar: „Einer, der gerade gestorben ist.“ Let’s call this a magic moment. (Außer für den Mann, denn der ist tot.)

Wer EINE LIEBE OHNE SOMMER liest, der wird die Gutscheine finden – und sich vielleicht wundern, dass ich sie hier erwähne, denn sie spielen im Roman keine große Rolle mehr. Trotzdem hat diese erste Idee mich zu meiner Geschichte geführt. Und zu Rosa, die sich in einen Mann verliebt, der viel zu früh stirbt … und sie mit der Frage zurücklässt: Wie soll sie trauern um einen Menschen, der vielleicht die große, wahre Liebe geworden wäre – den sie aber trotzdem kaum kennt? Rosa hat in der kurzen Zeit die strahlenden Seiten von Nikolas erlebt und ein paar seiner Abgründe, aber das ist kaum mehr als eine Skizze, noch lange kein Bild. Also geht Rosa auf Spurensuche. Und ich bin ihr gefolgt.

Schreiben ist vieles. Und auch: Handwerk

Aus meiner Arbeit mit Autor*innen weiß ich, wie man eine Geschichte baut – was wichtig ist für die Statik, was zur Pflicht gehört und was zu Kür. Habe ich das alles berücksichtigt? Nicht so generalstabsmäßig, wie es sich anhören mag (und ob ich den Anspruch, den ich beim Lesen & Lektorieren an andere stelle, selbst erfülle – puh, schwierige Frage, hoffentlich stellt mir die nie jemand). Aber ich habe mich an meinen Schreibtisch gesetzt, den Rechner hochgefahren und mir vorgenommen, in einer Woche ein Verlaufsexposé auszuarbeiten. So kam zur Zeit und zur Idee auch ein Plan. Was dazu führte, dass ich auf einmal – durchaus verblüfft – vor 27 Seiten saß, der Outline für 17 Kapitel. Und dann? Ging’s heiter weiter.

Wollte ich, so wie Toni Morrison, eine Geschichte erzählen, die ich selbst gerne lesen würde? Auf die Frage habe ich noch keine Antwort. So absurd es klingt: Ich wollte Rosa, die für mich vom ersten Moment an sehr präsent war, eine Geschichte geben. Oder schenken. Oder so.

Auf dem Bild steht das Zitat: "Die vielleicht ungewöhnlichste Liebesgeschichte des Jahres - und was für ein Pageturner." Und klein darunter: "Das sagt Meike Werkmeister über mein Buch. Und ich? Erzähle im Making-of über die Entstehungsgeschichte."

Habe ich durch das Schreiben die Wahrheit hinter den Dingen entdeckt, wie es Virginia Woolfs Anspruch war? Ich bezeichne mich in meinen Rezensionen bewusst als „Leser von geringem Verstand“, weil ich eine andere Anspruchshaltung schwierig fände … und ich bezweifle, dass für mich als schreibenden Menschen andere Parameter gelten müssen. Darum bin ich Alena Schröder dankbar, dass sie in Worte gefasst hat, was mir bisher nicht möglich war:

Warum Alena Schröder schreibt? „Weil mich nichts besser von mir selbst ablenkt – und mit mir selbst verbindet.“

Das Schreiben hat mich von einigen Frage- und Ausrufezeichen abgelenkt – und mich mit jeder Figur, jeder Szene, mit jedem Kapitel auf eine Weise bei mir ankommen lassen, die mich überrascht hat. Glück ist ein Wort, das inflationär benutzt wird; aber anders kann ich nicht beschreiben, was ich bei der Arbeit an meinem Roman empfunden habe.

Ist EINE LIEBE OHNE SOMMER also die Antwort auf eine Frage, die ich mir nie gestellt habe? Vielleicht. Vor allem aber ist es für mich jetzt schon das schönste Geschenk, dass einige mir sehr wichtige Menschen den Roman gelesen haben und ihn mochten. Damit greife ich nun allerdings schon vor …

Wie es lief mit dem Schreiben? Darüber mehr am letzten Sonntag im Dezember.

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Mit diesem Text bewerbe ich natürlich meinen Roman EINE LIEBE OHNE SOMMER, der am 15. Mai 2026 bei Rowohlt im Verlagslabel Polaris erscheinen wird. Der Roman kann jetzt überall vorbestellt werden, wo es Bücher gibt – also zum Beispiel auch HIER.

Das Bild zeigt links den Autor Timothy Paul Sonderhüsken und rechts daneben den Umschlag seines Romans EINE LIEBE OHNE SOMMER. Über dem Buch steht "Liebe ist alles - aber immer anders als erwartet", darunter der Hinweis, dass das Buch am 15. Mai 2026 erscheint und vorbestellt werden kann.