DURCH DAS RAUE ZU DEN STERNEN ist ein bewegender Coming-of-Age-Roman, der Licht in dunkle Stunden funkelt: Was hat den Autor Christopher Kloeble dazu inspiriert? Wir fragen nach!
Arkadia, genannt Moll, hat einen Vater, der sich nicht immer unter Kontrolle hat, und eine Mutter, die „mal eben“ weg ist – wobei Moll sich diese Ausrede schon zu lange vorsagt, um noch daran zu glauben. Aber jetzt weiß die 13-jährige mit der Sicherheit, die man nur hat, wenn man noch ein Kind ist, wie es ihr gelingen kann, die Mutter zurückzuholen: Sie will mit einem Chor auf der Bühne stehen und so singen, dass alle Herzen schmelzen; das wird sich die Mutter nicht entgehen lassen. Und dass der Chor, den Moll sich ausgesucht hat, ein Knabenchor ist … nun, das wird schon kein Problem darstellen. Oder?
DURCH DAS RAUE ZU DEN STERNEN ist ein Coming-of-Age-Roman, der vieles in sich vereint: tief bewegende Momente, die uns trotzdem oft zum Schmunzeln bringen, eine besondere Sprache, die es schafft, hell und dunkel zu klingen, die literarisch ist und trotzdem (oder gerade deswegen?) „highly entertaining“ … und vor allem eine Hauptfigur, die man so schnell nicht vergessen wird. Was auch daran liegt, dass der Autor sie Kind sein lässt – mit der entsprechenden Gedankenwelt – und sie doch auch manchmal erwachsener zu sein scheint als die Volljährigen um sie herum.
Kurz gesagt: ES LOHNT, diesen Roman zu entdecken – und ich freue mich sehr, dass Christopher Kloeble mir drei neugierige Fragen beantwortet hat, um euch sein Buch vorzustellen (meine Rezension dazu findet ihr übrigens HIER).
Lieber Christopher, was hat Dich zu Deinem Roman DURCH DAS RAUE ZU DEN STERNEN inspiriert?
Christopher Kloeble: „Ich habe früher in einem bekannten Knabenchor gesungen. Dort habe ich nicht nur gelernt, wie komplex Musik ist und dass wir alle mehr darüber wissen sollten – ich habe auch die Erfahrung gemacht, bei einem Konzert so von der Musik ergriffen zu sein, dass man beim Singen weint. All das wollte ich im Buch einfangen. Und nicht zuletzt die dunklen Seiten der Erfahrung, in einem professionellen Chor zu singen.
Ich war allerdings nicht daran interessiert, ein autobiographisches Werk zu verfassen: Vielmehr wollte ich eine Geschichte schreiben, in der zentral verschiedene Formen von Weiblichkeit verhandelt werden. Der große Reiz am Schreiben für mich ist, dass ich neue Perspektiven einnehmen kann, darin sehe ich die Stärke von Literatur. Sie lässt uns all das sein und sehen, was uns im Alltag kaum möglich ist.“
Dein Roman lässt uns eintauchen in die Welt einer 13-jährigen Ich-Erzählerin und wirkt absolut echt, während uns gleichzeitig bewusst ist, dass wir die Kunstsprache eines sehr guten Autors lesen. Wie hast Du Dich in diesen besonderen Ton eingefunden?
Christopher Kloeble: „Ich habe zwei Töchter, und auch wenn diese noch nicht Molls Alter erreicht haben, waren sie ein starker Einfluss beim Schreiben des Romans. Vor allem aufgrund ihres Selbstbewusstseins und ihrer klaren, ja, manchmal erschreckend klaren Sicht auf viele Aspekte des Lebens. Außerdem habe ich den Eindruck, dass ein wesentlicher Teil von mir noch immer Kind ist. Diesen Teil habe ich beim Schreiben sprechen lassen.
Hinzu kommt: Musik umgibt uns im Alltag, gleichzeitig verstehen wir sehr wenig davon. Sprache kann natürlich nie das leisten, was Töne mit einem machen, aber ich habe versucht, mich der Musik anzunähern, je nachdem, was im Roman gerade geschieht. Sprache hat ja auch eine in sich wohnende Musik und einen Rhythmus.“
In Momenten der Überforderung schlägt Arkadias Vater sie. Ich finde: der Kerl ist ein Arschloch. Seine Tochter liebt ihn trotzdem. Wie stehst Du dazu?
Christopher Kloeble: „Der Vater ist für mich sehr ambivalent. Die Situation überfordert ihn und er hat nie gelernt, sich anders auszudrücken als mit seinem Körper. Das ist selbstverständlich inakzeptabel.
Gleichzeitig versucht er, sich von alten Traditionen im Dorf abzusetzen, was ihm nur halbwegs gelingt. Sein größter Entwicklungsschritt ist, dass er einsieht, dass er etwas Falsches tut. Dass Moll ihn trotzdem liebt, kann ich gut verstehen: Ihr bleibt ja eigentlich nichts anderes übrig. Ohne ihn wäre sie allein. Das ist natürlich traurig, dass sie so abhängig von einem Mann ist, der so schlecht darin ist, ein guter Vater zu sein. Aber ich wünsche den beiden sehr, dass sie gemeinsam weiter wachsen.“
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Ich habe dieses Buch nicht gekauft, sondern als Rezensionsexemplar vom Verlag erhalten. Sowohl bei meiner bereits veröffentlichten Rezension als auch diesem Interview handelt es sich trotzdem nicht um eine beauftragte oder bezahlte Werbung: Beides gibt lediglich mein persönliches Interesse, meine subjektive und unbeeinflusste Meinung wieder.
Christopher Kloeble: DURCH DAS RAUE ZU DEN STERNEN. Klett-Cotta, 2025
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